DIE NEUE VATERUNSER-GLOCKE ERSETZT DIE GULDENGLOCKE

Nahezu 400 Jahre war die Guldenglocke d’ in der Herrenberger Stiftskirche die größte Glocke im Gäu und grundierte das jeweilige Geläute der Kirche. Erst 1995 gab sie diese Funktion an die Gloriosa b° ab und stellte nunmehr das Fundament der kleineren Teilgeläute im mittler­weile errichteten Glockenmuseum dar. Allerdings kam es 1998 und 2006 zu Rissbildungen in der Glocke, und nach zweimaliger Schweißung steht sie inzwischen erneut vor einer weiteren Rissbildung. Wie ist das zu erklären?

Der ehemalige Herrenberger Stadtarchivar Traugott Schmolz berichtete vor etwa 20 Jahren, dass die Glocke bei der kriegsbedingten Abnahme 1942 mit einem Vorschlaghammer zer­schlagen werden sollte, was aber nicht gelang. Jedoch dürften damals wohl viele verborgene Haarrisse entstanden sein, die eine dritte Schweißung sinnlos erscheinen lassen. Außerdem passt die Guldenglocke, die durch die Schädigungen tiefer als früher erklingt, nicht mehr in die Schlagtonlinie des großen Museumsgeläuts.

Deshalb beschloss 2017 der Verein zur Erhaltung der Stiftskirche, nachdem sich ein Glocken­stifter gefunden hatte, eine klanglich passende Glocke als Ersatz gießen zu lassen. Diese sollte vor allem die letzte Funktion der Guldenglocke, nämlich zum Vaterunser-Gebet während der Gottesdienste zu läuten, übernehmen und außerdem wieder mehrere Teilgeläute grundieren. Schließlich soll mit dem Neuguss der Glocke auch endlich die Tonleiterlücke zwischen den Schlagtönen c’ (Dominika) und es’ (Betglocke) geschlossen, der alte Uhrenschlag wieder her­gestellt und ein 20-stimmiges Plenumsgeläute ermöglicht werden – das zahlenmäßig größte in ganz Deutschland!

Mit der Glockenzier wurde der ehemalige Herrenberger Dekan Dieter Eisenhardt beauftragt.

Der 27. April ist der lang herbeigesehnte Tag. Bei der Glockengießerei Albert Bachert in Neunkirchen beginnen die Arbeiten an der neuen Glocke

„CAMPANA-ORATIONIS-DOMINICAE“.

Entstehung und Aufhängung im Jahre 2020

DIE NEUE VATERUNSER-GLOCKE ERSETZT DIE GULDENGLOCKE

Nahezu 400 Jahre war die Guldenglocke d’ in der Herrenberger Stiftskirche die größte Glocke im Gäu und grundierte das jeweilige Geläute der Kirche. Erst 1995 gab sie diese Funktion an die Gloriosa b° ab und stellte nunmehr das Fundament der kleineren Teilgeläute im mittler­weile errichteten Glockenmuseum dar. Allerdings kam es 1998 und 2006 zu Rissbildungen in der Glocke, und nach zweimaliger Schweißung steht sie inzwischen erneut vor einer weiteren Rissbildung. Wie ist das zu erklären?

Der ehemalige Herrenberger Stadtarchivar Traugott Schmolz berichtete vor etwa 20 Jahren, dass die Glocke bei der kriegsbedingten Abnahme 1942 mit einem Vorschlaghammer zer­schlagen werden sollte, was aber nicht gelang. Jedoch dürften damals wohl viele verborgene Haarrisse entstanden sein, die eine dritte Schweißung sinnlos erscheinen lassen. Außerdem passt die Guldenglocke, die durch die Schädigungen tiefer als früher erklingt, nicht mehr in die Schlagtonlinie des großen Museumsgeläuts.

Deshalb beschloss 2017 der Verein zur Erhaltung der Stiftskirche, nachdem sich ein Glocken­stifter gefunden hatte, eine klanglich passende Glocke als Ersatz gießen zu lassen. Diese sollte vor allem die letzte Funktion der Guldenglocke, nämlich zum Vaterunser-Gebet während der Gottesdienste zu läuten, übernehmen und außerdem wieder mehrere Teilgeläute grundieren. Schließlich soll mit dem Neuguss der Glocke auch endlich die Tonleiterlücke zwischen den Schlagtönen c’ (Dominika) und es’ (Betglocke) geschlossen, der alte Uhrenschlag wieder her­gestellt und ein 20-stimmiges Plenumsgeläute ermöglicht werden – das zahlenmäßig größte in ganz Deutschland!

Mit der Glockenzier wurde der ehemalige Herrenberger Dekan Dieter Eisenhardt beauftragt.

Der 27. April ist der lang herbeigesehnte Tag. Bei der Glockengießerei Albert Bachert in Neunkirchen beginnen die Arbeiten an der neuen Glocke

„CAMPANA-ORATIONIS-DOMINICAE“.

Entstehung und Aufhängung im Jahre 2020

27. April 2020

Die Glockenschablone ist fest montiert, der Sockel des Glockenkerns fast fertig gemauert.

Montierung der Rippenschablone mit Beschriftung des Schlagtons, Gewichts und der Größe. Am linken Rand ist der feine Strich für den Ausschnitt der „falschen Glocke“ gut zu erkennen.

Weitere Backsteinlagen des Glockenkerns werden aufgemauert.

Am frühen Nachmittag ist der Kern halb fertig. Jetzt muß alles erst einmal durchtrocknen.

5. Mai 2020

Die Schablone des Kerns ist abmontiert und wieder kommt eine Trocknungszeit für den fertigen Glockenkern.

Der Glockenkern ist fertig gemauert und verputzt. Letzte Feinarbeiten an der Struktur.

12. Mai 2020

Der Glockenkern ist durchgetrocknet und mit einer Trennschicht zur nun anstehenden „falschen Glocke“ versehen.

Das Glockenprofil wird aus der Rippenschablone herausgesägt.

Die Schablone ist wieder montiert. Man erkennt gut den Spalt der „falschen Glocke“ zwischen Glockenkern und Schablone, der später von der Glockenbronze ausgefüllt werden wird.

Die „falsche Glocke“ wächst und wird noch bis zum Abend fertig werden.

Im Arbeitsraum von Frau Weiß steht das Wachsmodell der Glockenkrone mit den geflügelten Engeln an den Kronenbügeln, gefertigt von Dekan i. R. Dieter Eisenhardt.

Der vordere Engel trägt das Schild mit dem lateinischen Glockennamen: CAMPANA ORATIONIS DOMINICAE (Die Glocke des Herrengebets).

19. Mai 2020

Der Tag der Glockenzier. Am Vortag wurden von Frau Weiß bereits die Rauten und die Schriftringe auf der „falschen Glocke“ angebracht. Jetzt folgen die von Dieter Eisenhardt gestalteten Friedensbotschaften, die die Vorher- und Rückseite zieren. Die Flanken sind den Gestaltern der Glocke, dem Stifter und dem Verein zur Erhaltung der Stiftskirche gewidmet.

Zier der Vorderseite.

Zier der Rückseite.

29. Juni 2020

Die Künstler Dieter Eisenhardt und Anke Weiß mit ihrem Werk nach Fertigstellung der aus Wachs bestehenden Glockenzier auf der „falschen Glocke“.

Die falsche Glocke wird zerschlagen.

Die Glocke steht im Gießraum. Das Wachs der Glockenzier ist geschmolzen und hat ein Negativ im Glockenmantel hinterlassen.

3. Juli 2020

Tag des Glockengusses. Im Ofen befinden sich knapp 6 Tonnen Glockenbronze. Rechts der Gusskanal der Tuttlinger Michaelsglocke c‘, links zur Vaterunserglocke d“.

Temperatur und Konsistenz werden laufend überprüft.

Der Gusskanal wird gereinigt.

Das letzte Mal wird die Glockenbronze gerührt. Die Flamme lodert hell aus dem Schmelzofen.

Die Form der Tuttlinger Michaelsglocke c‘ ist gefüllt. Nun beginnt der Guss der Herrenberger „Vaterunserglocke“.

Die Flamme lodert über den Windpfeifen der Krone. Auch der Guss der „Vaterunserglocke“ nahm einen guten Verlauf.

27. August 2020

Der Tag der Abnahme der Glockenzier in der Glockengießerei Bachert.

Details der vorderen Großraute. Alles ist sauber aus dem Guß gekommen.

Ein Detail mit aktuellem Gegenwartsbezug. Das Coronavirus als Symbol des Bösen ist in der tiefe des Meeres gebannt durch die Hand des Gekreuzigten.

Die rückseitige Großraute. Sie steht unter der Vaterunser-Bitte: „Dein Reich komme“.

Auch hier ganz saubere Details. Bilder von Not und Zerstörung, aber auch Hoffnung. Die Erde von Gottes Händen gehalten und beschützt,

In der Glockenkrone tragen 5 Engel den Lobpreis Gottes im Schluß des Vaterunsers. Ein sechster Engel zeigt den lateinischen Glockennamen: „CAMPANA ORATIONIS DOMINICAE“.

In den seitlichen Kleinrauten: Der Stiftername und die Initialen der Schöpfer der Glocke mit dem Coventrykreuz.

Die Raute der anderen Seite zeigt den Auftraggeber mit dem Lebensbaumkreuz, dem Kennzeichen der Brüder vom gemeinsamen Leben.

Flyer der Glockenzier.

357-20 Flyer Glocke_LY04

5. September 2020

Einholung der Vaterunserglocke. Schmücken und verladen bei Netze BW zur feierlichen Fahrt durch die Stadt.

Erste Station ist bei den katholischen Schwestern und Brüdern an der St. Josefs Kirche.

Der Weg geht weiter zur Spitalkirche und zum Marktplatz. Dort wird sie von OB Thomas Sprießler begrüßt.

Unter dem Geläut des Großplenums erfolgt der Transport in den Kirchhof.

Begrüßung der Glocke im Kirchhof. Für die Kirchengemeinde, Dekan Feucht.

Abstellen der Glocke im sog. Wortzeichen der Stiftskirche Herrenberg.

Für mehr als einen Monat fand die Vaterunserglocke Platz im Wortzeichen. Unzählige Besucher erfreuten sich an der Glocke und ihrer Zier.

27. Oktober 2020

Vorabend des 27. Oktober 2020. Wieder steht Netze BW mit Technik hilfreich bereit.

Die Strahlen der untergehenden Sonne lassen die Glockenbronze aufleuchten.

Die Glocke im frühen Morgenlicht. Alles ist gerichtet für die letzte Etappe.

Es dauert bis zum Nachmittag bis Seile, Umlenkungen und Motor gerichtet sind.

Fritz Hanßmann gibt das Zeichen: "In Gottes Namen auf!". Der Aufzug beginnt.

Langsam steigt die Vaterunserglocke am Turm empor.

Die Glocke ist oben angekommen. Über dem Abgrund schlägt der gut gesicherte Mitarbeiter das erste Seil zum Einholen in die Glockenstube.

Und langsam schwebt sie zur Tür hinein.

Passt! Und wieder erstrahlt die Glocke im Abendlicht.

Aber erst zur Nacht können Fritz Hanßmann und Silas Stierle die Glocke gesichert in der Glockenstube wissen.

4. November 2020

Das Joch ist montiert...

...und die Glocke sitzt provisorisch auf den Lagerbolzen im alten Glockenstuhl.

6. November 2020

Auch das Läuterad ist montiert. Es fehlen noch Klöppel und Antrieb.

Die letzen Handgriffe von Fritz Hanßmann.

Das erste Probeläuten

Die fertig montierte Campana Orationis Dominicae erstrahlt in vollem Glanz.

Das erste Probeläuten. Mit der Fa. Perrot werden Läutewinkel und Anschlagzahl eingestellt. Alles ist zum Festgottesdienst am 29. November 2020 (1. Advent) mit Indienstnahme der Vaterunserglocke fertig.